Technische Information





Kabel- und Leitungsdimensionierung und Auswahlvon Überstrom-Schutzeinrichtungen

Bei der Auslegung von Kabel- und

Leitungsanlagen sind Anforderungen

zu berücksichtigen, die den sicheren

Betrieb und den Schutz im Fehlerfall

ermöglichen.

Ziel ist, gegen thermische Überbean-

spruchung sowohl im Überlastfall, als

auch im Kurzschlussfall zu schützen

und Kabel/Leitungen so auszulegen,

dass die im Betrieb zu erwartenden

Einflüsse keine unzulässigen Auswir-

kungen verursachen.

Die in dieser Broschüre zusammengestellten Unterlagen

basieren auf den Anforderungen aus DIN VDE 0100. Sie

spiegeln den Stand von Mitte 2009 wider, können aber

im Einzelfall das Lesen der entsprechenden Normen bzw.

Normenteile nicht ersetzen. Die Auslegung von Kabel- und

Leitungsanlagen bzgl. der Strombelastbarkeit für die An-

wendung in und an Gebäuden erfolgt üblicherweise nach

DIN VDE 0298-4 (Geltungsbereich beachten!), wobei die

Anforderungen im Zusammenhang mit der Ausrüstung von

Maschinen in DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1) aufgeführt

sind.

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Inhalt

1. Verlegearten und Strombelastbarkeit von Kabeln/Leitungen ……………………………………. 3

2 Maximale Leitungslängen …………………………………………………………………………………………………………………………….. 11

3. Auslöse-Charakteristiken für Sicherungsautomaten im Vergleich ……………………….. 18

4. Vorgehensweise bei Auslegung von Kabel- und Leitungssystemen

und Auswahl von Überstrom-Schutzeinrichtungen …………………………………. 25

5. Auslegungsbeispiel für einen Durchlauferhitzer ……………………………………………………………………….. 26

6. Sicherungsautomaten für den Leitungs- und Geräteschutz

sowie ihre Anwendungsbereiche ………………………………………………………………………………………………………….. 27

Legende der verwendeten Formelzeichen

Überstromschutzeinrichtungen

Kabel/Leitung

In Bemessungsstrom

I1 festgelegter Nichtauslösestrom

auch als I

nt „conventional non-tripping current“ oder

Inf „conventional non-fusing current“ bezeichnet

I2 festgelegter Auslösestrom

auch als I

t „conventional tripping current“ oder

I

f „conventional fusing current“ bezeichnet

Stromkreis

Ib (maximaler) Betriebsstrom eines Stromkreises

Ierf der für die Abschaltung in einer vorgegebenen Zeit

erforderliche Strom

Z

S die Gesamtimpedanz der Fehlerschleife

(bestimmt den maximal möglichen Fehlerstrom)

I

l

Z zulässige Strombelastbarkeit

max maximal zulässige Länge eines Kabels/einer Leitung

ZV0 angenommener Impedanzanteil vor der Überstrom-

Schutzeinrichtung von 300 mΩ (Vorimpedanz ein-

schließlich Netzschleifenimpedanz)

fL Längenkorrekturfaktor (Näherungswert)

für lmax je 10 mΩ Abweichung von ZV0 = 300 mΩ

ta geforderte Abschaltzeit

Ri Innenwiderstand Sicherungsautomat bei 20 °C

RL Leitungswiderstand bei 20 °C

JR Referenzumgebungstemperatur

Sicherungsautomaten

k Materialwert nach DIN VDE 0100-540

es gilt: Z

S = ZV + ZKL

ZV tatsächlicher Impedanzanteil vor der Überstrom-

Schutzeinrichtung (Vorimpedanz einschließlich

Netzschleifenimpedanz);

ZKL Impedanzanteil von der Überstrom-Schutzeinrichtung

bis zum Ende des Kabels oder der Leitung

Ia zugrunde zu legender Auslösestrom für die Schnell-

abschaltung nach DIN VDE 0100-410

S Leiterquerschnitt

f1, f2 Reduktionsfaktoren für die Strombelastbarkeit

TU Umgebungstemperatur

Die farbig unterlegten Bereiche in Tabellen und Textpassagen beziehen

sich auf das Auslegungsbeispiel aus Kapitel 5

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1. Verlegearten und Strombelastbarkeit von Kabeln/Leitungen Nach DIN VDE 0298-4/August 2003

Gegenüber der Ausgabe von April 1998 sind neu hinzuge- Überlast

kommen:

− Auswirkung von Oberwellenströmen auf symmetrisch be-

Überlast kann auftreten, ohne dass die elektrische Anlage

schadhaft ist, z.B. bei gleichzeitiger Benutzung leistungstarker

lastete Drehstromsysteme

− Beispiel weiterer Verlegearten und deren Zuordnung zu den

Referenzverlegearten

Verbrauchsgeräte an mehreren Steckdosen, die alle an den-

selben Stromkreis angeschlossen sind. Überlast kann ebenso

bei zu starkem Belasten von Elektromotoren entstehen, z.B.

− Referenzverlegeart D*„Verlegung im Elektroinstallationsrohr

oder Kabelschacht im Erdreich“

wenn ein zu dickes Holz zu schnell gegen die Kreissäge

geschoben wird.

Überstromschutz

Kabel, Leitungen und Geräte sind gegen Überlast und Kurz-

Bei Überlast muss also kein Fehler in der elektrischen Anlage

vorliegen. Vielmehr kann ein Fehlverhalten des Betreibers der

schluss zu schützen. Das ist eine wesentliche Forderung

aus der DIN VDE 0100. ABB-Sicherungsautomaten mit ihren

verschiedenen Auslöse-Charakteristiken B, C, D, E, K und Z

Grund für die Überlast sein.

Bei einem geringen Überlaststrom wird gleichzeitig ein Teil der

erfüllen die vielfältigen Anforderungen der Praxis an den Über-

stromschutz.

entstehenden Wärme an die kältere Umgebung abgeleitet, so

dass erst nach längerer Zeit eine unzulässig hohe Betriebs-

temperatur erreicht wird. Wird der Leiter nach kurzzeitiger

Begriffserläuterungen

Größte dauernd zulässige Strombelastbarkeit

Belastung mit Überlaststrom abgeschaltet oder zumindest

erheblich unter der größten dauernd zulässigen Belastbarkeit

Die größte dauernd zulässige Belastbarkeit Iz eines Kabels

oder einer Leitung ergibt sich aus der maximal zulässigen

Betriebstemperatur (des Isolierwerkstoffes), der Umgebungs-

I

z belastet, so dass er sich wieder auf die größte dauernd

zulässige Betriebstemperatur abkühlen kann, muss noch nicht

mit bleibender Schädigung des Isolierwerkstoffes gerechnet

temperatur, der Verlegeart, der Anzahl der stromdurchflosse-

nen Adern, dem Isolierwerkstoff, dem Leiterwerkstoff und

dem Leiterquerschnitt. Abweichende Umgebungstempera-

werden.

Kurzschluss

turen sowie eine Häufung von Leitungen müssen durch

Umrechnungsfaktoren berücksichtigt werden (siehe hierzu

Kurzschluss entsteht infolge eines Fehlers an der elektrischen

Anlage, bei dem der Widerstand des Betriebsstromkreises

Tabelle 1 … 10). nahezu auf Null verringert wird. Dies kann beispielsweise auf-

Überstrom

treten, wenn in die unter Putz liegende Leitung zu einer

Leuchte ein Nagel eingeschlagen wird. Dabei wird vor dem

Überstrom ist jeder Strom, der über der größten dauernd

zulässigen Strombelastbarkeit Iz liegt. Überstrom ist der Sam-

melbegriff für Überlaststrom im Überlastfall und Kurzschluss-

strom im Kurzschlussfall.

elektrischen Verbrauchsmittel, welches mit großem Wider-

stand behaftet ist, die Zuleitung über den wesentlich geringe-

ren Widerstand des Nagels kurzgeschlossen.

des Betriebsstromes betragen, wird zunächst die gesamte

Wärmeenergie in dem Leiter gespeichert. Erst nach ca. 5

Sekunden kann der Leiter Wärmeenergie an seine kältere

Umgebung abführen. Unter dem Gesichtspunkt, dass nach

dem Kurzschlussstrom eine Abschaltung und somit eine län-

gere stromlose Zeit eintritt, wird der Leitung eine höhere

Temperatur als die größte dauernd zulässige Betriebstempe-

ratur zugemutet (siehe Tabelle 5).

Bei den Kurzschlussströmen, die oft das 100- bis 1000-fache

* hier nicht weiter ausgeführt

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Referenz-Verlegearten für feste Verlegung in und anGebäuden





Tabelle 1

Referenz- A1 A2 B1 B2

Verlegeart

Darstellung

Verlege- Verlegung in wärmegedämmten Wänden Verlegung in Elektroinstallationsrohren oder geschlossenen

bedingung Elektroinstallationskanälen auf oder in Wänden oder in

Aderleitungen mehradrige Kabel oder Kanälen für Unterflurverlegung

oder einadrige Mantelleitungen

Kabel/Mantel-

leitungen im im Elektro- direkt Aderleitungen oder mehradrige Kabel oder

Elektro- installations- verlegt einadrige Kabel/Mantel- Mantelleitungen

installationsrohr rohr oder leitungen

oder -kanal -kanal

Tabelle 1 (Fortsetzung)

Referenz- C E F G

Verlegeart

d d

oder

Darstellung

≥0,3d

d

≥ d

≥d

≥d

≥d

≥ d ≥d

Verlege- Direkte Verlegung auf oder in Stegleitungen Verlegung frei in Luft, an Tragseilen sowie auf

bedingung Wänden/Decken oder in ungelochten Kabelwannen in Wänden/ Kabelpritschen und -konsolen oder in ungelochten

Decken oder Kabelwannen

Hohlräumen

einadrige Kabel mehradrige mehradrige einadrige Kabel oder Mantelleitungen

oder Mantel- Kabel oder Kabel oder

leitungen Mantelleitungen Mantel- mit Berührung ohne Berührung,

leitungen auch Ader-

leitungen

auf Isolatoren

Hinweis:

Bei Installationen mit unterschiedlichen Verlegearten ist dieStrombelastbarkeit des Kabels oder der Leitung nach derungünstigsten Verlegeart zu bestimmen.

Die farbig unterlegten Bereiche in Tabellen und Textpassagen beziehen

sich auf das Auslegungsbeispiel aus Kapitel 5

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Strombelastbarkeit bei fester Verlegung und Dauerbetrieb1)Umgebungstemperatur 30 °C



Für Kupferleiter mit PVC-Isolierung. Betriebstemperatur der PVC-Isolierung 70 °C.

Tabelle 2

Referenz-Verlegeart A1 A2 B1 B2 C

Verlegung in wärmegedämmten Wänden in Elektroinstallationsrohren direkt

Anzahl der 2 3 2 3 2 3 2 3 2 3

gleichzeitig

belasteten Adern

Nennquerschnitt

in mm2 Strombelastbarkeit Iz in A2)

1,5 15,53) 13,5 15,53) 13,0 17,5 15,5 16,5 15,0 19,5 17,5

2,5 19,5 18,0 18,5 17,5 24 21 23 20 27 24

4 26 24 25 23 32 28 30 27 36 32

6 34 31 32 29 41 36 38 34 46 41

10 46 42 43 39 57 50 52 46 63 57

16 61 56 57 52 76 68 69 62 85 76

25 80 73 75 68 101 89 90 80 112 96

35 99 89 92 83 125 110 111 99 138 119

50 119 108 110 99 151 134 133 118 168 144

70 151 136 139 125 192 171 168 149 213 184

95 182 164 167 150 232 207 201 179 258 223

120 210 188 192 172 269 239 232 206 299 259

Tabelle 2 (Fortsetzung)

Referenz-Verlegeart E F G

Verlegung frei in Luft

Anzahl der 2 3 2 3 3 3 3

gleichzeitig

belasteten Adern horizontal vertikal

Nennquerschnitt

in mm2 Strombelastbarkeit Iz in A2)

1,5 22 18,5 — — — — —

2,5 30 25 — — — — —

4 40 34 — — — — —

6 51 43 — — — — —

10 70 60 — — — — —

16 94 80 — — — — —

25 119 101 131 114 110 146 130

35 148 126 162 143 137 181 162

50 180 153 196 174 167 219 197

70 232 196 251 225 216 281 254

95 282 238 304 275 264 341 311

120 328 276 352 321 308 396 362

1) Iz für Nicht-Dauerbetrieb siehe DIN EN 60204-1 (VDE 0113-1)

2) – Die betriebsmäßige Belastung Ib der Kabel und Leitungen darf nicht größer als die zulässige Belastbarkeit Iz sein (Ib ≤ Iz).

– Bei abweichenden Betriebsbedingungen, z.B. bei Umgebungstemperaturen < > 30 °C, bei Häufung der Kabel und Leitungen und /oder bei gleichzeitiger Belastung

von mehr als 3 Adern, sind die Strombelastbarkeitswerte mit den zutreffenden Umrechnungsfaktoren nach Tabelle 5 bis 9 zu multiplizieren.– Bei Installationen mit unterschiedlichen Verlegearten ist die Strombelastbarkeit des Kabels oder der Leitung nach der ungünstigsten Verlegeart zu bestimmen. – Für das Errichten von Starkstromanlagen mit Nennspannungen bis 1000 V ist als höchste Betriebstemperatur für Kabel und Leitungen 70 °C zugrunde zu legen, weil Installations-Einbaugeräte, Steckvorrichtungen, Klemmen und dgl. gewöhnlich für diese Anschlussstellentemperatur bestimmt sind. Kabel und Leitungen für höhere Betriebstemperaturen, z.B. 80 °C oder 90 °C, sind deshalb in der Gebäudeinstallation nur so hoch zu belasten, dass die Betriebstemperatur am Leiter 70 °C nicht überschreitet (siehe DIN VDE 0298-4/2003-08, Abschn. C.3.2).

3) Bewertungsunterschiede (siehe DIN VDE 0298-4/2003-08, Abschn. C.3.3).

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